Fahrlässige Körperverletzung durch Hundebiss – Wann haftet der Hundehalter strafrechtlich?

Die Haltung eines Hundes – insbesondere eines sogenannten Listenhundes – bringt nicht nur Verantwortung im Alltag, sondern auch rechtliche Risiken mit sich. Insbesondere bei Vorfällen, bei denen Dritte durch einen Hund verletzt werden, stellt sich die Frage, ob der Halter strafrechtlich haftet, etwa wegen fahrlässiger Körperverletzung nach § 229 StGB.

Ein anschauliches Beispiel bietet eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln. Der relativ alte Fall zeigt, wie komplex die strafrechtliche Bewertung solcher Situationen sein kann – und dass nicht jede Sorgfaltspflichtverletzung automatisch zu einer Strafbarkeit führt. Eine vorschnelle Vorverurteilung muss verhindert werden, hierfür setze ich mich für Sie ein

Zum Sachverhalt:

Ein Hundehalter ließ seinen Staffordshire-Bullterrier unbeaufsichtigt in einem unverschlossenen (!) Fahrzeug zurück, das auf einem Gehweg parkte. Ein Bekannter des Halters – der den Hund schon mehrfach ausgeführt hatte – entdeckte das Tier im Fahrzeug, leinte es an und führte es aus, ohne dass er vom Halter konkrete Anweisungen zum Umgang mit dem Hund erhalten hatte. Während des Spaziergangs biss der Hund eine Passantin in die Hand und verletzte sie.

Das Amtsgericht verurteilte den Hundehalter wegen fahrlässiger Körperverletzung, da er den Hund unbeaufsichtigt und ohne Sicherung im Auto zurückgelassen habe und so das Geschehen mitverursacht worden sei.

Die Entscheidung des OLG Köln:

Das Oberlandesgericht hob das Urteil auf – mit einer wichtigen, Begründung, die regelmäßig übersehen wird:

Für eine strafbare fahrlässige Körperverletzung genügt es nicht, dass eine Sorgfaltspflicht verletzt und dadurch der Verletzungserfolg irgendwie verursacht wurde. Entscheidend ist, ob ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang besteht – also ob gerade die Pflichtverletzung für den konkreten Verletzungserfolg ursächlich war. Juristen haben die Gabe etwas fürchterlich kompliziert auszudrücken, hier die Erklärung:


Zwar hatte der Halter möglicherweise pflichtwidrig (sorgfaltswidrig) gehandelt, als er den Hund unbeaufsichtigt im unverschlossenen Fahrzeug ließ. Aber da der Hund durch eine dritte Person aus dem Auto geholt und ausgeführt wurde, musste das Gericht prüfen, ob auch dieses weitere Verhalten dem Hundehalter zurechenbar (vorhersehbar) war.

Das OLG stellte klar:

  • Mehrere Ursachen (Pflichtverletzungen) können zum Erfolg (hier: Hundebiss) führen.
  • Eine strafrechtliche Haftung des Hundehalters besteht nur, wenn alle relevanten Ursachen (auch das Verhalten des Bekannten, der den Hund führte) dem Halter angelastet werden können.
  • Hätte der Halter dem Bekannten den Hund mit gutem Gewissen überlassen dürfen – etwa, weil dieser ausreichend Erfahrung im Umgang mit Hunden hatte –, dann fehlt der Pflichtwidrigkeitszusammenhang.
  • In diesem Fall wäre die Verletzung nicht mehr Ausdruck der ursprünglichen Sorgfaltspflichtverletzung (Hund im Auto), sondern auf das Verhalten des Dritten zurückzuführen – und damit dem Halter strafrechtlich nicht zurechenbar.

Was bedeutet das für Hundehalter?

Die Entscheidung macht deutlich:
Nicht jeder Fehler oder jede Nachlässigkeit führt automatisch zu einer strafrechtlichen Verurteilung. Entscheidend ist, ob gerade dieser Fehler den Schaden verursacht hat – und ob der Hundehalter für das gesamte Geschehen verantwortlich gemacht werden kann.

Das OLG Köln hat das Urteil daher zutreffend aufgehoben und damit auch die damalige Geldstrafe.

OLG Köln,  Beschluss vom  21. 5. 2002 –  Ss 135/02

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