Rechtliche Grundlagen

Rechtliche Grundlagen im Überblick

Hier finden Mandanten wichtige Informationen zu strafrechtlichen Verfahren bei fahrlässiger Körperverletzung durch Hundebisse.

Wann liegt fahrlässige Körperverletzung durch Hundebiss vor?

Fahrlässige Körperverletzung liegt vor, wenn die Sorgfaltspflicht im Umgang mit dem Hund verletzt wurde und der Hund hierdurch einen anderen Menschen verletzt hat. Gemeint ist hiermit nicht z.B. der Biss eines anderen Hundes.

Welche Strafen können bei fahrlässiger Körperverletzung drohen?

Je nach Schwere können Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren verhängt werden. Bei mehr als 90 Tagessätzen Geldstrafe gelten Sie als vorbestraft. Dieses ist ebenso, wenn eine weitere Eintragung im Bundeszentralregister hinzukommt. Sinnvoll ist daher eine Verteidigung in die Einstellung des Verfahrens.

Wie kann ich mich bei einer Anzeige wegen Hundebiss verteidigen?

Eine frühzeitige anwaltliche Beratung ist entscheidend, um Ihre Rechte zu schützen. Schweigen Sie zunächst zu dem Vorwurf, aber dokumentieren Sie möglichst viel. Zeugen, Örtlichkeiten, wie war die Situation genau, im Rahmen der Verteidigung kann auch eine vermeintliche Kleinigkeit helfen.

Was muss ich nach einem Hundebiss rechtlich beachten?

Dokumentieren Sie die Verletzungen und informieren Sie umgehend Ihre Hundehaftpflichtversicherung. Schweigen Sie gegenüber der Polizei zum Vorwurf und kontaktieren Sie einen erfahrenen Rechtsanwalt..

Fahrlässige Körperverletzung nach § 229 StGB bei Hundebissen – was Hundehalter und Hundeführer wissen müssen

Ein Vorfall mit einem Hund – sei es ein Biss, ein Anspringen oder ein anderes unerwartetes Verhalten – kann schnell strafrechtliche Konsequenzen haben. Kommt dabei ein Mensch zu Schaden, steht häufig der Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung nach § 229 StGB im Raum.

1. Der Straftatbestand – § 229 StGB im Überblick

Nach § 229 Strafgesetzbuch (StGB) macht sich strafbar, wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung eines anderen Menschen verursacht. Die Vorschrift lautet:

„Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Im Unterschied zur vorsätzlichen Körperverletzung (§ 223 StGB) geht es bei § 229 StGB nicht um gewolltes Handeln, sondern um Sorgfaltspflichtverletzungen, also ein Verhalten, bei dem der Täter die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt – und dadurch eine Verletzung verursacht. Man könnte es auch eine Ungeschicklichkeit, ein Versehen oder eine Nachlässigkeit nennen.

2. Fahrlässigkeit im Zusammenhang mit Hunden

Bei einem Hundebiss oder einer sonstigen von einem Hund ausgehenden Verletzung prüft die Staatsanwaltschaft in der Regel, ob der Halter oder Hundeführer die gebotene Sorgfalt im Umgang mit dem Tier verletzt hat. Es geht also nicht darum, ob der Hundehalter den Biss „gewollt“ hat – sondern ob er ihn hätte verhindern können oder müssen.

Typische Situationen, die zu Ermittlungen führen können, wenn es zu einem Biss gekommen ist:

  • Der Hund wird unangeleint in einem Bereich geführt, wo Leinenpflicht besteht.
  • Ein als aggressiv bekannter Hund wird nicht ausreichend gesichert.
  • Der Hund entweicht vom Grundstück und verletzt eine Person.
  • Eine falsche Einschätzung des Hundeverhaltens führt zum Biss (z. B. bei Kindern oder Passanten).

Ob eine Strafbarkeit tatsächlich vorliegt, hängt immer vom Einzelfall ab. Nicht jeder Hundebiss ist automatisch eine Straftat – entscheidend ist, ob ein Sorgfaltspflichtverstoß nachweisbar ist und zudem wie schwer diese Sorgfaltspflichtverletzung ist.

3. Was bedeutet „Verletzung der Sorgfaltspflicht“?

Die Rechtsprechung orientiert sich hier an dem, was ein „verständiger, umsichtiger, gewissenhafter und in seiner konkreten Lage erfahrener Tierhalter“ getan hätte. Halter müssen Gefahren erkennen und vermeiden, die typischerweise vom eigenen Hund ausgehen könnten. Das betrifft zum Beispiel:

  • Einsatz von Leine und Maulkorb, wo geboten.
  • Einschätzung der eigenen Kontrollfähigkeit über das Tier.
  • Rücksichtnahme auf Dritte (z. B. Kinder, Jogger, Postboten).

Gerade bei größeren oder bereits auffällig gewordenen Hunden werden die Anforderungen an den Halter höher angesetzt.

4. Ermittlungsverfahren – was auf Betroffene zukommt

Wird der Vorfall bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft angezeigt – häufig durch das verletzte Opfer selbst –, wird in der Regel ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Hundehalter wird als Beschuldigter geführt und erhält meist eine schriftliche Anhörung.

Im Laufe des Verfahrens werden Zeugen befragt, ärztliche Atteste eingeholt und geprüft, ob strafrechtlich relevantes Fehlverhalten vorlag. Ein Strafverteidiger kann bereits in diesem frühen Stadium entscheidend helfen, etwa bei der Stellungnahme gegenüber den Ermittlungsbehörden oder der Prüfung, ob das Verfahren möglicherweise eingestellt werden kann (§§ 153, 153a oder § 170 Abs. 2 StPO).

5. Strafen und Rechtsfolgen

Die fahrlässige Körperverletzung ist ein Vergehen, das mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet werden kann. In der Praxis wird in Erstfällen mit geringer Verletzungsfolge meist eine Geldstrafe verhängt – oder das Verfahren wird eingestellt.

Dennoch sollte die Sache nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Denn:

  • Eine Verurteilung von mehr als 90 Tagessätzen führt zu einem Eintrag im Führungszeugnis zudem unabhängig von der Höhe im Bundeszentralregister.
  • Sie kann Auswirkungen auf etwaige zivilrechtliche Verfahren (z. B. Schmerzensgeldklage) haben.
  • Auch ordnungsrechtlich kann es Folgen geben (z. B. Gefährlichkeitsfeststellung, Maulkorbpflicht, Haltungsauflagen).

6. Zivilrechtliche und ordnungsrechtliche Parallelen

Parallel zur strafrechtlichen Seite kann der Geschädigte zivilrechtliche Ansprüche geltend machen – insbesondere auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Hier greift in der Regel die Hundehalterhaftpflichtversicherung, doch deren Einschaltung bedeutet nicht automatisch, dass das Strafverfahren entfällt.

Zudem prüfen die zuständigen Ordnungsämter, ob der Hund künftig als gefährlich im Sinne der landesrechtlichen Vorschrift einzustufen ist – mit entsprechenden Auflagen wie Sachkundenachweis, Maulkorb- und Leinenzwang.

7. Was ist jetzt zu tun?

Wenn Ihnen der Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung im Zusammenhang mit Ihrem Hund gemacht wird, sollten Sie unbedingt frühzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Gerade im Strafrecht gilt: Schweigen ist Gold – und kann später durch eine durchdachte Verteidigung ersetzt werden.

Ich vertrete bundesweit Hundehalter und Hundeführer, denen ein solcher Vorwurf gemacht wird – diskret, sachlich und mit dem notwendigen Verständnis für die oft komplexe Mensch-Hund-Situation.

Cookie als Zeichnung. Das Logo der Internetseite. Ein kleiner Hund mit einem grauen Ohr.

Was muss ein Gericht eigentlich feststellen, wenn es zu einer Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung kommen will?

Das Oberlandesgericht Hamm hat sich sehr schön in einer älteren Entscheidung mit genau dieser Frage beschäftigt und wie folgt entschieden:

„Allerdings ist der Halter eines Hundes verpflichtet, diesen so zu überwachen, daß Verletzungen und Schädigungen Dritter verhindert werden. Ein Hund stellt eine Gefahrenquelle dar, da er in seinem Verhalten nicht vernunftgesteuert und im allgemeinen unberechenbar ist. Die im Einzelfall zu treffenden Vorkehrungen richten sich danach, welche Anforderungen im Hinblick auf die konkreten Umstände nach der Verkehrsauffassung an einen verständigen und umsichtigen Hundehalter zu stellen sind, um eine Schädigung Dritter abzuwenden. Von Bedeutung sind insoweit Rasse des Hundes, sein Alter und insbesondere seine bisherige Führung, ob er sich als gutartig erwiesen oder bereits durch erhöhte Aggressionsbereitschaft oder Bösartigkeit aufgefallen ist. Wesentlich ist ferner, ob der Hund folgsam ist, sich leiten läßt und wie er gewöhnlich reagiert, wenn er mit Menschen in Berührung kommt. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, welche Eigenschaften die Begleitperson hat, wie ihre körperliche Konstitution ist und welche Erfahrung, Geschicklichkeit und Kraft sie im Umgang mit Hunden hat. Erst eine Einbeziehung all dieser Gesichtspunkte ermöglicht eine zutreffende Beurteilung der Frage, ob dem Angekl. fahrlässiges Verhalten, nämlich Pflichtwidrigkeit und Vorhersehbarkeit der Tatbestandsverwirklichung, vorzuwerfen ist (vgl. BayObLG, NJW 1987, 1094; 1991, 1965; VRS 74 (1988), 360; OLG Düsseldorf, VRS 68 (1985), 144; OLG Hamm, MDR 1958, 33; Stree, in: Schönke/Schröder, StGB, 24. Aufl., § 13 Rdnr. 43). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Das LG hat weder Feststellungen zu Rasse, Größe, Eigenschaften und bisheriger Führung des Hundes noch zu den Fähigkeiten und der Eignung der Begleitperson G getroffen. Soweit in den Urteilsgründen in diesem Zusammenhang auf das Alter des G – welches sich zudem nur dem Rubrum entnehmen läßt – und den Vorfall vom 14. 8. 1992 abgestellt wird, rechtfertigt dieses allein die Annahme fahrlässigen Verhaltens des Angekl. nicht. Das Alter der den Hund ausführenden Person ist für sich allein ohne Bedeutung, entscheidend sind vielmehr – wie dargelegt – körperliche Verfassung sowie Geschicklichkeit und Erfahrung im Umgang mit Hunden, insbesondere mit dem betreffenden Tier. Hierüber schweigt sich das angefochtene Urteil indes aus. Die Erwähnung des früheren Vorfalls vermag diese fehlenden Feststellungen nicht zu ersetzen. Abgesehen davon, daß sich dem Urteil nur mittelbar entnehmen läßt, daß auch damals der frühere Mitangekl. G den Hund ausgeführt hat, werden nähere Einzelheiten des Vorfalls – bis auf die Erwähnung, daß sich der Hund auch damals beim Erblicken eines Hasen oder Kaninchens losgerissen haben soll – nicht festgestellt, so daß der von der StrK gezogene Schluß, der frühere Mitangekl. G sei für den Angekl. erkennbar nicht in der Lage, den Hund unter Kontrolle zu halten, letztlich einer Vermutung gleichkommt. Im übrigen läßt das Urteil auch Ausführungen zu der Frage vermissen, wie der Hund vor dem Losreißen angeleint war und ob es seit dem erwähnten Vorfall vom 14. 8. 1992 bis zur Tatzeit noch zu weiteren Vorfällen gekommen ist, so daß der Angekl. möglicherweise mit der nun eingetretenen Folge hätte rechnen müssen. Auch dieses wird das LG in der neuen Verhandlung aufzuklären haben.“

(OLG Hamm Beschl. v. 5.1.1996 – 2 Ss 1035/95, BeckRS 1996, 1515, beck-online)